

So gelingt Betriebliches Gesundheitsmanagement
WARUM EIN BETRIEBLICHES GESUNDHEITSMANAGEMENT (BGM) VON HOHER BEDEUTUNG FÜR DIE ZUKUNFTSFÄHIGKEIT DER MITTELSTÄNDISCHEN UNTERNEHMEN IN DEUTSCHLAND IST, ERLÄUTERT WILLY GRASSL IM GESPRÄCH MIT DANIELA STÄDTER.
Was macht ein Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) für Unternehmen wichtig?
Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) umfasst alle Themen, die Einfluss auf die Gesundheit und die Arbeitsfähigkeit der Beschäftigten haben. Wichtig ist, dass diese zusammengehörenden Themen auch übergreifend betrachtet werden.
Wenn sich ein Mittelständler noch nicht mit dem Thema BGM befasst hat: Wie kann er ganz konkret starten?
Der erste Schritt ist, sich über BGM zu informieren: Was brauchen wir ganz konkret in unserem Unternehmen, und warum sollten wir das machen? Dann kann ich es planen und auf den eigenen Betrieb zuschneiden.
Im zweiten Schritt betrachte ich das Bestehende. Da gibt es zum einen die „Big Five“ des BGM: Arbeitssicherheit, Arbeitsmedizin, Betriebliches Eingliederungsmanagement, Inklusion und Suchtprävention. Diese „Big Five“ haben gesetzliche Grundlagen und Normen. Zusätzlich schaue ich mir die betrieblichen Maßnahmen an, die mit dem Thema Gesundheit zu tun haben, etwa Personalentwicklungsmaßnahmen und Präventionsangebote – z. B. im Bereich Gesundheit und Bewegung.
Der dritte Schritt umfasst die Bewertung: Wie wichtig sind die einzelnen Themen für mein Unternehmen, und welchen Nutzen haben sie? Wie viel Geld gebe ich aus, wie wirken diese einzelnen Bereiche zusammen und was fehlt noch für ein systematisches BGM?
Welche Ziele kann ein Unternehmen mit BGM verfolgen?
Eines muss immer klar sein: Gesundheitsmanagement macht man nicht aus sozialen Gründen. Es geht darum, dass ein Unternehmen leistungsfähig und wirtschaftlich erfolgreich ist. Ziel ist, die Arbeitsfähigkeit zu fördern oder zu erhalten.
Aber wenn man es systematisch angeht, kann ein BGM an vielen weiteren Punkten Wirkung erzeugen. Es wirkt sich z. B. positiv auf die Unternehmens- und Führungskultur aus. Das Verständnis für die Frage, wie wir mit uns selbst und unseren Beschäftigten umgehen, wächst. Meine Erfahrung ist: Wenn ich ein Betriebliches Gesundheitsmanagement umsetze, greife ich auf zehn Themen zu – neben den „Big Five“ können das z. B. bestehende und neue Angebote wie Stressprävention, Betriebssport oder Qualifizierungsangebote im Bereich gesundes Führen und persönliche Resilienz sein. Wenn ich in jedem Themenfeld eine fünf- bis zehnprozentige Verbeserung erziele, dann drehe ich schon an einem goßen Rad.
„Ich empfehle, klare Regeln zu erstellen und zu kommunizieren.“
Sie haben die „Big Five“ erwähnt. Welches Thema ist aus Ihrer Sicht herausfordernd?
Bei der Suchtthematik sind Führungskräfte unglaublich unsicher. Wenn jemand morgens zu spät zur Arbeit erscheint, weiß man, wie man darauf reagiert. Beim Thema Sucht aber ist das nicht der Fall. Ich empfehle, klare Regeln zu erstellen und zu kommunizieren, an denen sich Mitarbeiter orientieren können. Ich bin z. B. kein Fan von einem 100-prozentigen Alkoholverbot. Bei einem Geburtstag oder einer Feier wird häufig ein Glas getrunken, und dann müsste ich sofort eingreifen. Ich plädiere für eine „Punktnüchternheit“: Nüchtern mit der Arbeit beginnen, nüchtern beenden. Arbeit und Suchtmittel passen nicht zusammen. Auffälligkeiten sollten direkt angesprochen werden.
Das bedeutet was?
Ein Stufenplan hat sich bewährt. Bei einer ersten Auffälligkeit – wenn z. B. ein Mitarbeiter am Arbeitsplatz Drogen nimmt oder Alkohol trinkt – spreche ich den Mitarbeiter an und nenne ihm die Erwartungen, die ich an ihn habe. Passiert es zum zweiten Mal, spreche ich ihn wieder an. Nach dem dritten Mal muss ich konsequent sein und eine Abmahnung aussprechen. Der nächste Schritt ist dann die Androhung der Kündigung oder die Kündigung. Der Stufenplan hat sich bewährt. Er stoppt Fehlverhalten oder unterstützt bei der Annahme von Hilfsangeboten.
Welche Fehler sollten Unternehmen bei der BGM-Einführung vermeiden?
Sie sollten nicht naiv an das Thema rangehen und „einfach machen“. Wenn ich etwas produziere, analysiere ich auch vorher, wie das Produkt gut wird. Eine unstrukturierte Herangehensweise an ein BGM erzeugt Frustration. Ein BGM braucht Professionalität und muss zum Unternehmen passen.
Wie wichtig ist beim BGM der Chef?
Eine Vorbildfunktion ist unerlässlich für ein funktionierendes BGM. Sonst haben Mitarbeiter keine Orientierung. Ich kann mich anders verhalten und dann sagen: „Du musst das machen.“ Aber da nimmt mich ja keiner mehr ernst.
Welchen Mehrwert hat ein BGM?
Der größte Mehrwert ist – ganz komprimiert zusammengefasst: Ich habe ein zukunftssicheres Unternehmen, weil ich eine leistungsfähige Belegschaft habe, die auf der persönlichen Ebene das Thema Gesundheit als wertvolle Ressource erachtet. Wenn ich Mitarbeiter in Krisen oder beim Thema Gesundheit durch Angebote unterstütze, werde ich Mitarbeiter haben, die das Unternehmen positiv nach innen und außen vertreten.
„Der Gesetzgeber verlagert bereits seit Jahren viele Probleme immer stärker in die Betriebe.“
Wo sollte das BGM angesiedelt sein, wenn ein Unternehmen sich keine eigene BGM-Stelle leisten kann?
In kleineren Betrieben kann es direkt beim Unternehmensleiter angesiedelt sein. Ansonsten sollte es ein Mitarbeiter sein, der ein Gefühl für das Thema hat oder der im Bereich Personalarbeit tätig ist. Ich warne davor, stark leistungsorientierte Sportler zu nehmen. Diese haben vielfach ein komplett falsches Verständnis von dem Thema. Mir ist da der „Durchschnittsbürger“ lieber, der ein Interesse für Gesundheitsthemen hat – und er muss im Unternehmen akzeptiert sein.
Welche Angebote im Bereich Gesundheitsförderung sollte jeder haben?
Neben den gesetzlich vorgesehenen „Big Five“ sollte man schauen, welche Erkrankungen im Unternehmen häufig auftauchen. Allgemein betrachtet haben Muskel-Skelett-Erkrankungen die höchste Relevanz. Wir haben einmal für ein Unternehmen ein Muskel-Skelettprogramm entwickelt: Alle Mitarbeiter, die auf dem Gebiet Probleme hatten, bekamen einen Privattermin beim Physiotherapeuten. Der Arbeitgeber hat das bezahlt. Dadurch habe ich den Kreislauf umgedreht: Sonst gehen Mitarbeiter erst zum Arzt, dann zum Orthopäden und dann zum Physiotherapeuten. Die andere Vorgehensweise hat zu weniger Krankschreibungen und mehr Zufriedenheit geführt. Weitere Beispiele sind ergonomisch gestaltete Arbeitsplätze oder Bewegungsangebote. Immer wichtiger werden Themen wie Stressprävention und Achtsamkeit. Ich kann Mitarbeiter auch einen Ernährungskurs anbieten. Eine grundlegende Frage ist: Wie kann ich Menschen in Bewegung bringen, ohne dass sie es bemerken? Das kann auch bedeuten, dass der Drucker nicht mehr im Büro steht.
„Viele haben Angst vor Krankheit, Arbeitsplatzverlust, Krieg oder steigenden Kosten.“
Psychische Erkrankungen nehmen immer weiter zu. Warum?
Menschen können schlecht mit Unsicherheit, Ängsten und Isolation umgehen. Diese durch Corona ausgelösten Effekte halten weiterhin an. Viele haben Angst vor Krankheit, Arbeitsplatzverlust, Krieg oder steigenden Kosten. Das Gefühl der Überforderung ist gewaltig. Daraus leiten sich viele psychischen Störungen ab. Umso wichtiger ist ein BGM, das sich auch mit diesen Themen beschäftigt. Denn der Staat wird zukünftig vieles nicht mehr leisten können. Der Gesetzgeber verlagert bereits seit Jahren viele Probleme immer stärker in die Betriebe. Diese sind immer mehr gefordert, ihre Mitarbeiter durch BGM-Maßnahmen bestmöglich zu unterstützen.
Welche Unterstützungsmöglichkeiten haben die Unternehmen beim Thema BGM?
Ein von mir mitherausgegebenes Fachbuch – „Betriebliches Gesundheitsmanagement mit System: Ein Praxisleitfaden für mittelständische Unternehmen“ – liefert alles Wissenswerte, was man braucht. Es ist speziell für klein- und mittelständische Unternehmen konzipiert und sehr praxisnah. Auf dieser Basis können die Unternehmensverantwortlichen dann externe Angebote von Beratern und Krankenkassen einschätzen. Neben praxisorientierten Fachbüchern können auch Krankenkassen ein guter Startpunkt für ein BGM sein. Am Ende geht es aber nicht um das, was auf dem Papier steht, sondern um die Umsetzung. Das Schöne ist: Beim BGM gehe ich immer in eine positive Richtung. Es geht nicht um Kündigungen oder um Arbeitsplatzabbau, sondern darum, gemeinsam mit Mitarbeitern an einer positiven Richtung zu arbeiten. Und das ist doch was Wunderbares!

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