

Purpose – Warum die Sinnfrage Sinn macht
Wozu gibt es eine Organisation oder ein Unternehmen? Was ist die Mission, der Sinn oder neudeutsch: der Purpose? Diese Frage gehörte in der Vergangenheit vielleicht noch in die Kategorie „Nice to have“. Heute wird sie schon ernster genommen, doch bei der Mehrheit der Mitarbeiter ist das Thema noch gar nicht angekommen: Gemäß einer Kienbaum-Studie von 2020 können 59 Prozent der Mitarbeiter den Purpose ihres Unternehmens nicht benennen. Das könnte in Zukunft nachteilig sein. Ein Beitrag von Dr. Hubertus von Stein über einen entscheidenden Erfolgsfaktor für Unternehmen
VON DR. HUBERTUS VON STEIN
Was haben Greta Thunberg (19) und Luisa Neubauer (26), die beiden jungen Köpfe der „Fridays for Future“-Be wegung, gemeinsam? Sie sind zwischen 1995 und 2010 geboren und gehören damit zur sogenannten Generation Z. Die Angehörigen der „Gen Z“ sind:
- die ersten echten „Digital Natives“: Sie kennen gar keine Welt ohne PC und wachsen mit Smartphone und Tablet auf.
- hochvernetzt: nicht nur mit den Kids am Ort, sondern www-weit
- selbst-, status- und umweltbewusst: eine anspruchsvolle Mischung.
Auf diese Generation wird viel Arbeit zukommen: Laut UN wird bis 2035 in Deutschland die Anzahl der 20- bis 65-Jährigen um 5,8 Millionen sinken und gleichzeitig die Anzahl der unter 20- und über 65-Jährigen um 4,5 Millionen wachsen. Das wird nur mit verstärkter Automatisierung und Digitalisierung zu schaffen sein. Heimspiel für die „Gen Z“!
Doch diese Generation will neben sicherem Gehalt und guter Work-Life-Balance auch eine klare Werteperspektive: Sie will zu den „Guten“ gehören und für Organisationen arbeiten, die die Welt besser machen.
Und das „in echt“: In der transparenten, digital vernetzten Welt reichen Marketing-Slogans nicht mehr aus. Wer schummelt, fällt schon bald unangenehm auf. Und zu so einem Unternehmen will niemand gehören: „Was soll meine ,Community‘ von mir halten, wenn bei meinem Arbeitgeber so was passiert …?“
Kurzum: Wer die Jungen dauerhaft für sich gewinnen möchte, muss Sinn bzw. Purpose erlebbar machen. Und nur wer diese wählerische Generation an Bord hat, hat die Zukunft an Bord.
Eine klare Werteperspektive
Unternehmen, die sich mit der Frage nach dem Sinn auseinandersetzen, müssen Antworten erarbeiten, die authentisch, klar und in der Praxis erfahrbar sind:
- Authentisch wird ein Leitbild, wenn es gemeinsam mit den Mitarbeitern entwickelt bzw. weiterentwickelt wird. Authentizität folgt aus Partizipation.
- Das Wort „Sinn“ ist verwandt mit dem Wort „senden“. Und so steckt in der Frage „Was ist der Sinn?“ immer auch die Frage: „Wo geht es hin?“. Je klarer die Antwort, desto leichter fällt die Orientierung.
- Sinn muss erfahrbar sein. Erfahrung lebt von Geschichten. Was auch immer in Ihrem Leitbild steht: Erst die erlebten und erzählten Geschichten erwecken es zum Leben.
Herausragende Unternehmen setzen einen von allen Mitarbeitern mitgetragenen Unternehmenszweck konsequent und erlebbar um. Mag sein, dass das genauso selten ist wie Menschen, die konsequent an ihrer persönlichen Berufung festhalten. Doch wenn es gelingt, bleiben auf Dauer die Mitarbeitenden, die sich mit dem Unternehmenssinn identifizieren können, und es stoßen neue Talente dazu, die ihre beste Lebenszeit für genau diese Organisation einsetzen wollen.
Herausragende Unternehmen setzen ihren Unternehmenszweck konsequent und erlebbar um.
Zukunftswerkstatt: Sinn finden
Eine Möglichkeit bietet das Format der Zukunftswerkstatt: Dazu werden alle Mitarbeiter einer Organisation oder einer Abteilung – bis zu 100 Personen – eingeladen, um gemeinsam den Auftrag, das Potenzial und das Umfeld ihrer Organisation zu beschreiben. Auf der Basis werden Zukunftsszenarien entwickelt, die vom Leitungsteam zu einer attraktiven Vision verdichtet werden. Zum Schluss geht es wieder ins Plenum zur Bildung von Arbeitsgruppen, um die Vision zum Leben zu erwecken.
Die Frage nach dem Sinn ist hier eingebettet in einen partizipativen Strategieentwicklungsprozess. Zur Formulierung des Auftrags bzw. des „Mission Statements“ helfen Leitfragen wie diese:
- Warum wurde die Organisation gegründet? Warum gibt es uns?
- Was machte und macht uns einzigartig?
- Was würde der Welt fehlen ohne uns?
Daran arbeitet zunächst jeder Einzelne. Anschließend folgen Austauschrunden in kleinen Runden. Eine Arbeitsgruppe formuliert im Nachgang aus allen erarbeiteten Versionen das (neue) Mission Statement und bringt dieses in den nächsten Workshoptag ein.
Der Neurologe und Psychiater Viktor Frankl hat einmal gesagt: „Sinn kann nicht gegeben, sondern muss gefunden werden.“ Beteiligen Sie bei der Suche möglichst alle Mitarbeiter und alle Generationen, bringen Sie die Ergebnisse auf den Punkt und erzählen Sie packende Geschichten. So macht es Sinn. In echt.
